Temu: Sicherheitsrisiken bei Kinder-Spielzeug
21.02.2024
Drei Monate nach den Tests des Spielwarenverbandes Schweiz, ein weiterer alarmierender Befund: Toy Industries of Europe (TIE) erwarb die 19 Spielzeuge auf Temu. Bei der Untersuchung durch ein unabhängiges Testlabor wurde festgestellt, dass keines der erworbenen Spielzeuge den Vorschriften für Spielzeug in der EU entspricht. 18 der auf Temu gekauften Spielzeuge – und damit 95 Prozent – stellen ein Sicherheitsrisiko für Kinder dar.
Nur drei Monate nach den besorgniserregenden Testresultaten des Spielwarenverbandes Schweiz (SVS) von Spielzeug von Temu und Shein folgen nun weitere alarmierende Ergebnisse der TIE. Keines der gekauften Spielzeuge entspricht den EU-Vorschriften, die nicht in der EU zum Verkauf angeboten werden dürften. 18 dieser auf TEMU gekauften Spielzeuge entsprechen nicht den anzuwendenden Spielzeugnormen der EN 71-Reihe. Sie stellen somit ein erhebliches Risiko für Kinder dar. Zu den Gefahren gehören laut Test beispielsweise Schnittwunden, Ersticken, Strangulieren, Stichwunden und chemische Risiken.
So birgt beispielsweise eine bei dem Testkauf erworbene Rassel für Babys mehrere Sicherheitsrisiken, darunter scharfe Kanten an den Metallglöckchen (Gefahr von Schnittwunden), Kleinteile (Gefahr durch Ersticken), und starre Ausbuchtungen am Spielzeug, die zu Blockaden oder Verstopfungen im Verdauungstrakt führen können. Bei einem Schleim-Spielzeug lag der Gehalt an Bor 11-mal höher als der gesetzliche Grenzwert für Spielzeug. 18 dieser bei dem Testkauf erworbenen 19 Spielzeuge wiesen keine EU-Adresse auf, was auch nach der EU-Marktüberwachungsverordnung vorgeschrieben ist.
Digital Services Act reicht nicht
Die Ergebnisse der aktuellen Untersuchung decken sich mit den Ergebnissen der TIE-Studie 2020, bei der Spielzeug von vier anderen Online-Marktplätzen gekauft wurde. Andere, ähnliche Studien kommen zum gleichen Ergebnis. Das Problem liegt bei Drittanbietern, die ihren Sitz außerhalb der EU haben und somit nicht für die Sicherheit des Spielzeugs verantwortlich gemacht werden können (im aktuellen Fall betraf das alle 19 gekauften Spielzeuge). Der Rechtsrahmen der EU deckt diese Situation nicht ab. Die jüngsten Gesetzesänderungen wie das Gesetz über Digitale Dienste können zu einer besseren Durchsetzung gegenüber EU-Verkäufern führen, schließen aber nicht die Lücke für Verkäufer außerhalb der EU. Die in Überarbeitung befindliche Richtlinie über die Sicherheit von Spielzeug, für das strengere Vorschriften gelten als für andere Konsumgüter, könnte diese Gesetzeslücke schließen. Die Verbraucher in der EU brauchen ein proaktives Vorgehen der Politik und klare Pflichten für E-Commerce-Plattformen, damit verantwortungslose Händler nicht auf solchen Plattformen agieren können.
Catherine Van Reeth, Generaldirektorin von Toy Industries of Europe, sagt, dass die EU bessere Regeln gegen den Verkauf von gefälschtem und unsicherem Spielzeug entwerfen – und durchsetzen – muss: „Die EU hat die weltweit strengsten Regeln für die Sicherheit von Spielzeug. Auf Online-Plattformen können Nicht-EU-Verkäufer aber weiterhin unsicheres Spielzeug verkaufen, das die Kinder gefährdet.“
Auch der DVSI weist seit Jahren auf die Diskrepanz zwischen den Anforderungen hin, die EU- und nationales Recht an die in der EU ansässige Spielwarenindustrie stellen, und dem bunten Treiben von dubiosen Drittanbietern auf Online-Plattformen, welches eine ganze Branche in Verruf bringt. „In den letzten Jahren“, sagt DVSI-Geschäftsführer Ulrich Brobeil, „stammten die als gefährlich eingestuften Spielwaren oft aus unseriösen Quellen und/oder von dubiosen Herstellern, die europäische Sicherheitsstandards missachten und die Plattformökonomie für sich nutzen. Es kann aber nicht sein, dass europäische Hersteller mit immer mehr Regularien zu kämpfen haben, während die Plattformökonomie trotz Digital Services Act immer noch eine Spielwiese für unlauteren Wettbewerb durch unseriöse außereuropäische Anbieter bleibt.“
Als Reaktion auf die TIE-Untersuchungsergebnisse dieser Testkäufe antwortete TEMU, dass man Maßnahmen ergriffen habe und die Spielzeuge nicht mehr auf der Plattform zu finden seien. Die Korrekturmaßnahmen reichen jedoch nicht aus. Für jedes unsichere Spielzeug, das auf der Plattform gefunden wird, gibt es unzählige andere, die nicht gefunden werden und weiterhin unkontrolliert in die Hände der Verbraucher in der EU gelangen. Die EU braucht gezieltere Rechtsvorschriften, um Kinder zu schützen und seriösen Spielzeugherstellern einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen. Die Überarbeitung der Richtlinie über die Sicherheit von Spielzeug mit dem Ziel einer EU-Verordnung bietet eine Gelegenheit, dies in Angriff zu nehmen.
TIE und der DVSI fordern daher die folgenden Gesetzesänderungen:
Die in Überarbeitung befindliche Richtlinie über die Sicherheit von Spielzeug sollte die Regelungslücke schließen, die trotz des Gesetzes über Digitale Dienste und anderer Vorschriften für Verkäufer mit Sitz außerhalb der EU bestehen bleibt. Bei keinem der 19 bei dem aktuellen Testkauf erworbenen Spielzeuge gibt es einen in der EU ansässigen Wirtschaftsakteur, der für die Sicherheit des angebotenen Spielzeugs verantwortlich ist. Gibt es keinen in der EU ansässigen Wirtschaftsakteur, sollte der Online-Marktplatz, aus Sicht der Spielwarenindustrie, als Verantwortlicher für die Sicherheit des Spielzeugs gelten.
Die Marktüberwachungsbehörden müssen einen Fokus auf die Durchsetzung der Vorschriften für diese Art von Einfuhren legen und mit den dafür erforderlichen Ressourcen ausgestattet werden. Dies bedeutet, dass auch kleine Sendungen von geringem Wert kontrolliert werden, da diese Art von Paketen häufig den Kontrollen entgeht.
Die nationalen Aufsichtsbehörden sollten verpflichtet werden zu prüfen, wie sie die bestehenden Vorschriften besser anwenden können, um Websites zu sperren, die regelmäßig den Verkauf gefährlicher Spielzeuge ermöglichen.
Eine ordnungsgemäße Durchsetzung der Bestimmungen aus dem Gesetz über Digitale Dienste zur Rückverfolgbarkeit von Händlern (KYBC) sollte Online-Plattformen verpflichten zu überprüfen, ob die von den Händlern gemachten Angaben korrekt sind.
Quelle: DVSI
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