In wenigen Wochen sind Weihnachten und dann werden vor allem Kinder beschenkt – mit Spielwaren. Warum diese besser nicht über die beliebten Shopping-Apps von Temu und Shein direkt in China eingekauft werden sollen, haben Tests von 18 Spielwaren von Temu und Shein gezeigt, die der Spielwarenverband Schweiz in Auftrag gegeben hat.
15 der getesteten Spielwaren wären in der Schweiz nicht verkehrsfähig gewesen, sechs davon hätte der Vollzug umgehend zurückgerufen. Hätte, weil der Direktimport aus dem Ausland von nicht gesetzeskonformen Produkten – auch Spielwaren, womit Kindern spielen, welche die Gefahren nicht kennen – in der Schweiz erlaubt ist.
Milliarden-Umsätze in der Schweiz
Der Spielwarenverband Schweiz (SVS) fordert seit Jahren, dass der Bund gegen die Flut von teils sehr gefährlichen Spielwaren von Online-Marktplätzen aus China vorgeht. So hat der SVS bereits 2019 Spielwaren von Aliexpress und Wish getestet. Schon damals mit erschreckendem Resultat.
2019 wurden alleine von den beiden getesteten Marktplätzen Waren von geschätzt einer Milliarde Franken in die Schweiz importiert. Temu ist gemäss Ranking der App-Stores von Android und Apple seit Monaten die meistgeladene App.
«Das lässt vermuten, dass 2023 noch viel mehr Ware über Online-Marktplätze aus China direktimportiert werden als 2019. Das ist längst kein Nischen-Kanal mehr. Hier kommt eine Flut von gefährlichen Produkten, viele davon mit Humankontakt wie Textilien, Schmuck, Spielwaren, Handyhüllen, Kopfhörer, bei denen Giftstoffe besonders toxisch wirken können», sagt Sandro Küng von der SVS-Geschäftsstelle.
Bund verweist auf Eigenverantwortung der Konsumenten
Die EU hat im Juli 2021 mit der EU-Marktüberwachungsverordnung die Anpreisung von Produkten, die nicht den gesetzlichen Sicherheitsanforderungen der EU entsprechen, verboten – auch im Internet. Der SVS fordert seit 2019 vom zuständigen Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV ebenfalls Massnahmen, diese kritischen Kanäle zu regulieren. Bisher ohne Erfolg.
In diverse Medienanfragen aufgrund der Publikation der Testresultate vom 6. November 2023 verwies das BLV stets auf die Eigenverantwortung der Konsumenten. Das BLV bestätigte jeweils, dass ausländische Onlineshops bei der aktuellen Rechtslage auch Produkte anbieten können, die in der Schweiz nicht verkehrsfähig sind. «Hier gilt die Eigenverantwortung der Konsumentinnen und Konsumenten. Sie sollten beim Einkauf von Spielsachen in ausländischen Onlineshops vorsichtig sein und die Spielsachen prüfen, bevor sie diese an Kinder abgeben», so die BLV-Sprecherin am 6. November.
Bund lenkt ein
Eine Woche später sagt dieselbe BLV-Sprecherin gegenüber dem Beobachter, die vom SVS geforderten Massnahmen seien bereits geplant. «Mit einer EU-Regelung müssen Onlineplattformen Angebote entfernen, die die Anforderungen nicht erfüllen. Das soll auch in der Schweiz ins Gesetz. Die Vernehmlassung zu einer solchen Gesetzesänderung soll im ersten Halbjahr 2024 folgen.»
«Die Kehrtwende des BLV ist erfreulich», so Sandro Küng vom SVS. «Auf unsere Nachfrage, was konkret geplant sei, zeigt sich das Bundesamt jedoch bedeckt.» Im Revisionspaket Stretto 5 werde das Anliegen geprüft, bewertet und behandelt, so das BLV gegenüber dem SVS.
Temu und Shein reagierten verschieden
Unterschiedlich reagierten die Betreiber der Shopping-Plattformen. Temu liess über eine Berliner PR-Agentur ausrichten, dass der Shop die Testergebnisse sehr ernst nehme und entspreche Schritte in die Wege geleitet habe.
Von Shein hat die Director Government Relations Europe gegenüber dem SVS per Mail bezweifelt, dass die sieben Test-Spielwaren von Shein wirklich bei Shein bestellt wurden. Erst nachdem der SVS der bald darauf eingeschalteten Shein-Rechtsabteilung über einen Anwalt die entsprechende Auftragsnummer bekanntgab, stellte Shein die Tests plötzlich nicht mehr in Frage.